Wenn man als Autor eines Buchs oder als Protagonist einer YouTube-Serie aus seinem Leben erzählt, dann ist man irgendwie "aktiv", steuert also seine Worte selbst und entscheidet wesentlich darüber, was man wie den Menschen da draußen von sich preisgibt.
Anders verhält es sich, wenn man den Stoff, also die Buchvorlage, die wiederum Teil meines Lebens ist, in die Hände eines Theaterregisseurs legt. Dann werden die Worte und Ereignisse analysiert, adaptiert und interpretiert. Am Ende dieses Prozesses steht eine Inszenierung, in der Menschen sprechen, handeln, interagieren. Und dann bist du als Autor passiv und musst dir dein eigenes Leben anschauen.
Fotos: Marcus Jäck - Aufführung vom 12.03.2017 der Lichtbühne München im Bahnwärter Thiel (München). Schauspieler: Claudia Riedel, Daniel Pfaffinger & Ralph Schicha (kariertes Hemd). Letztes Foto von links nach rechts: Stefan Lange, Guido Verstegen (Regie), Ralph Schicha, Claudia Riedel & Daniel Pfaffinger.
Mir ist es immer noch ein Rätsel, wie es Guido Verstegen geschafft hat, mein Buch SUICIDE so exzellent in knapp zwei Stunden Spielzeit und auf wenige Quadratmeter Bühne zu verdichten und dabei nicht nur der Vorlage, sondern auch den aktuellen Entwicklungen gerecht zu werden.
Die Figur des Stefan gibt es zweimal, eigentlich dreimal, wenn man die YouTube-Einspielungen aus der Serie »Komm, lieber Tod« mit einbezieht.
Das Bühnenstück wird mit den Worten »Susanne ist tot, eine kurze knappe Email, ein paar Zeilen. Das ist es also was am Ende bleibt ...« eingeleitet.
Wir erleben Stefan (dargestellt von Ralph Schicha) im Jahre 2015. Sofort wird der Zuschauer in seinen Bann gezogen. Was ist passiert? Dann erleben wir eine Rückblende ins Jahr 1994. Sevilla, an einer Sprachschule begegnen sich Susanne und Stefan (dargestellt von Claudia Riedel & Daniel Pfaffinger).
Eine zufällige Begegnung offenbart, dass sich zwei traumatisierte Menschen nicht nur lieben, sondern auch heilen wollen. Das Drama nimmt seinen Lauf und ich nehme den Schauspielern jede Geste, Mimik und Bewegung ab.
Am Tiefpunkt seiner Existenz ist es wieder eine zufällige Begegnung mit Anja (dargestellt von Claudia Riedel), einer ehemaligen Studienkollegin von Stefan, die den Ausweg aus der Krise ermöglicht.
Und das Ende der Aufführung ist großes Kino, eigentlich eine großartige Regiearbeit und Darstellungskunst der Schauspieler. Nach all´ den Irrungen und Wirrungen, der Gewalt der Ereignisse und der Worte an sich, wirkt es versöhnlich, zärtlich und befreiend.
In knapp zwei Stunden erfährt der Zuschauer nicht nur etwas aus meinem Leben, sondern dank der geschickten Inszenierung werden Lebensweisheiten transportiert. »Drei Monate und ein Tag« ist so dicht an Emotionen und Wahrheiten, dass diese noch eine Zeit lang nachwirken.
Chapeau! und ein herzliches Dankeschön an das Ensemble der Lichtbühne, dass sie sich dieses Themas angenommen haben. Nachfolgend der Link zum Video-Trailer der Lichtbühne München:
»Drei Monate und ein Tag« wird im April 2017 noch vier weitere Mal an der Pasinger Fabrik in München aufgeführt.
Weitere Aufführungen an anderen Standorten sind in Planung.
Alle aktuellen Termine erfahren Sie auf der Homepage der Lichtbühne München
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Pat McCraw (Samstag, 18 März 2017 17:39)
Ganz tolles Projekt! Gratulation an alle Beteiligen :)